Die Kunst der Fuge ist zweifelsohne das komplexeste Werk von Johann Sebastian Bach, jene gründliche Demonstration der musikalischen und logischen Folgerichtigkeit des Kontrapunkts. Manche haben es schon für ein mathematisches Rätsel erklärt.
Die Mathematik war nie sehr fern von der Musik – und nur hoffnungslos romantische Irrlichter konnten je auf die Idee kommen, das zu übersehen. Andererseits hat besonders auch das mathematischste Stück Bachs seine zutiefst musikalischen Reize.
Es gibt von der Kunst der Fuge sehr viele Instrumentierungen und Transpositionen, vom Streichquartett über zwei Klaviere bis hin zu einer Ensembleversion von Vittorio Ghielmi’s Il Suonar Parlante…
Aus mehreren Gründen kurios zu nennen ist aber die jüngste Einspielung: einerseits wegen des erstmals für eine Aufnahme verwendeten Pianofortes – eines Hammerflügels -. andererseits wegen des Interpreten: Walter Riemer ist zwar ein am Wiener Konservatorium ausgebildeter Pianist, jedoch nicht Berufsmusiker.
Riemers Kunst der Fuge klingt ob des eingesetzten Hammerflügels, Nachbau nach einem Instrument von Andreas Stein 1773, nahezu sphärisch. Man kann die Begeisterung des Interpreten für diese frischen Klangdimensionen nachgerade verstehen.
Weniger hübsch ist es aber, wie der Pianist sich stellenweise am Bach’schen Zyklus abarbeitet. Die Behandlung ist an vielen Stellen flach, sie bewegt sich kaum je in der Nähe historischer Werktreue – was man aber umgekehrt auch einem Glenn Gould nicht vorwerfen könnte – und erreicht andererseits nie die Höhe eigenständiger Interpretation. In beiden Richtungen aber gibt es mittlerweile Meilensteine der Bach-Interpretation.
Bleibt also der betörende Klang, den Walter Riemer der Basch’schen Komplexität zu entlocken versteht. Und wenn es für sonst nichts taugt: dieses Hörerlebnis ist die zweifache SACD allemal wert. Bis zu einer berufeneren Einspielung der Kunst der Fuge für Pianoforte wird sie ihren Plastz im Regal wohl behaupten können.