Erschwingliches Schatzkästlein

Opern von Joseph Haydn sind – wiewohl er eine respektable Anzahl davon geschrieben hat – eine rare Spezies: auf den Bühnen sowieso, aber auch in der Riege qualitätvoller Einspielungen. Sieht man einmal von Nikolaus Harnoncourt ab, der mit dem Concentus Musicus sowie Partricia Petibon und Michael Schade Haydns Orlando paladino – zu sehen auch schon im Theater an der Wien – eingespielt hat, wird man schnell auf Antal Dorati und seinen Zyklus stossen:

Joseph Haydn - Opern - Antal Dorati

Zum Glück beschert uns das Haydn-Gedenkjahr eine erheblich vergünstigte Neuausgabe: in der Box Haydn – The Operas werden die ehemals zwei Boxen mit insgesamt 8 Werken auf 20 CDs in eine zusammengefasst – und von Decca duchaus erschwinglich gepreist.

    Enthalten sind:

  • Armida mit Jessye Norman und Samuel Ramsey
  • La Fedeltà Premiata mit Frederica von STadt, Ileana Cotrubas und Luigi Alva
  • Orlando Paladino – die gesamtlich sicher beste Aufnahme bisher – mit Ardeen Auger, Elly Ameling, Gwendolyn Killebrew und Domenico Trimarchi
  • La Vera Costanza mit Jessye Norman, Helen Donth, Wladimiro Ganzarolli und Domenico Trimarchi
  • L’Incontro Improviso mit Margareth Marshall, Della Jones und Domenico Trimarchi
  • L’Infedeltà Delusa mit Edith Mathis und Barbara Hendricks
  • L’Isola Disabitata mit Linda Zoghby, Luigi Alva und Renato Bruson
  • Il Mondo della Luna mit Arleen Auger, Edith Mathis, Frederica von Stade, Luigi Alva und Domenico Trimarchi

Schmerzlich zu vermissen hingegen: L’Anima del Filosofo – Orfeo ed Euridice, ein Werk, das nicht hinter Glucks bahnbrechender Umsetzung des gleichen Stoffes zurück zu stehen brauchte.

Auf allen Einspielungen ist das Orchestre de Chambre de Lausanne zu hören, dirigiert von Antal Dorati.

Gesanglich sind sie alle meisterlich, aus der kleinen Riege anderer Produktionen von Haydn-Opern reicht nichts, nicht einmal die Aufnahme unter Harnoncourt, heran. Allerdings zeigt dieser mit dem Concentus Musicus den Schweizern allemal, wie Haydn klingen könnte. Trotz jahrelanger Konzentration auf das Oeuvre Haydns fehlt es bei Dorati am Bemühen um einen authentischen Klang – wenn man erst mal Harnoncourt im Ohr hat.

Schade ist nur, dass Haydn offenbar dazu verdammt ist, immer im selben Jahr auf Händel zu treffen, der ihm bis heute beim Opernrepertoire die Schau zu stehlen vermag – was eigentlich ganz und gar nicht gerechtfertigt ist. Man mag Händel lieben, den Materialreichtum bewundern – allein, in Händels Todesjahr feierte Haydn seinen 27. Geburtstag und war darum in der Lage, von der Weiterentwicklung der Gattung Oper zu profitieren. Immerhin war Gluck mehr sein als Händels Zeitgenosse; und seine Lebensspanne reicht bis zur Freundschaft mit dem Erwachsenen Mozart.

Der starre Formenkanon des Hochbarock, unter dem man – so sehr einen Georg Friedrich Händel auch begeistert – doch immer zu leiden hat, ist einer mit augenzwinkernd formalen Zitaten gefleckten Spielwiese gewichen, auf der Haydn sich elegant und gekonnt bewegt, doch wieder und wieder spontane Ideen und Neuerungen einführt, die für einen weitaus lebendigeren Eindruck sorgen. Phasen von auf höchstem Niveau gepflegter Langeweile, wie sie in jeder Händel-Oper irgendwann aufkommen, gibt es bei Haydn nicht.

Wenn man in den Opernhäusern dieser Welt Mozart spielen kann, dann sollte man Haydn genauso spielen können. Und wenn man Händel spielt, erst recht.

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